(Übersetzung Tobias Friedel
Das englische »Counsel« habe ich immer mit »Ratschlag«
wiedergegeben.
An Stellen, wo ich nicht sicher bin, die wirkliche deutsche Kernbedeutung
getroffen zu haben,
steht das englische Original in Klammern.
Das Zitat aus Reader's Digest geht auf eine Übersetzung von Bruno Ulrich
zurück)
Ratschläge zu einzelnen Themen können zu verschiedenen Zeiten und
unter unterschiedlichen Umständen geschrieben worden sein. Manche
Ratschläge behandeln das Thema vielleicht umfassender als andere. Man
erhält das gesamte Bild, indem man die Einzelteile zusammenfügt.
Oft hatte Ellen White eine anfängliche Vision zu einem bestimmten Thema
(in a certain area of instruction), die in den folgenden Jahren durch weitere
detailliertere Visionen in dem Maß ergänzt wurden, in dem die
Gemeinde diese weiteren Details annehmen und nutzen konnte. Beispiele dafür
sind die Thematik des großen Kampfes, die Gesundheitsreform, Erziehung
usw. Wenn der Leser die Gesamtheit aller Aussagen zu einem Thema vor sich
hat wird er sehen, daß:
»Die Zeugnisse selbst werden der Schlüssel zum Verständnis
der gegeben Botschaften sein, so wie auch die Schrift sich selbst auslegt.«
1SM 42
Der Kontext läßt die Bedeutung normalerweise deutlich werden und kann den Mißbrauch aus dem Zusammenhang gerissener Aussagen vermeiden helfen. Ein Beispiel findet sich in 2T 400 in der Aussage »Eier gehören nicht auf deinen Tisch«. Der Kontext zeigt, daß dieser Ratschlag einer bestimmten Familie gegeben wurde, in der bestimmte, in diesem Kapitel näher erklärte Umstände vorlagen. Ellen White fügte diesen Ratschlag in den Testimonies ein, um anderen Familien zu helfen, die mit dem gleichen Problem zu tun hatten. Diesem Satz Allgemeingültigkeit beizumessen, ist ein ernster Mißbrauch. Vergleiche dazu 7T 135, 9T 162 und The Ministry of Healing 320, wo Eier ihren festen Platz in einer normalen Ernährung haben. Jede Aussage in ihrem ganzen Zusammenhang zu lesen ist zum wirklichen Verständnis der Intention des Autors absolut notwendig.
Über die Veröffentlichung und den Gebrauch der Zeugnisse schrieb
Ellen White:
»Nichts von den Zeugnissen wird ignoriert oder weggelassen, aber der
Ort und die Zeit müssen berücksichtigt werden.« 1SM 57
Auch wenn die Prinzipien zeitlos sind, müssen doch die einzelnen
Ratschläge, die diese Prinzipien beinhalten, im Licht der Zeit und der
Umstände ihrer Abfassung gesehen werden. Das Zeugnis von 1894, das den
»Fahrradwahnsinn« (»bicycle craze«) behandelt, kann nur
im Licht der Umstände dieser Zeit richtig verstanden und angewendet
werden. Lies, was Mrs. White über die Geschehnisse in Battle Creek gezeigt
wurde:
»Es schien ein Fahrradwahnsinn ausgebrochen zu sein. Geld wurde ausgegeben,
um die Begeisterung zu befriedigen... Ein bezaubernder Einfluß schien
sich wie eine Welle über unser Volk auszubreiten... Satan setzt alles
daran unser Volk dazu zubringen, seine Zeit und sein Geld in die Befriedigung
dieser angeblichen Bedürfnisse zu investieren. Das ist eine Art des
Götzendienstes... Einige kämpften um die Meisterschaft und jeder
versuchte, den anderen in der Geschwindigkeit zu übertreffen.«
8T 51,52
Um diese Aussage richtig verstehen zu können, muß man etwas über
die Situation in der Mitte der 1890er wissen. Ein paar Sätze aus einem
Artikel in The Reader's Digest vom Dezember 1951 liefern uns die notwendigen
Informationen:
»Gegen Ende des letzten Jahrhunderts wurden die Menschen von einer
brennenden Leidenschaft mitgerissen, die ihnen wenig Zeit oder Geld für
irgend etwas anderes übrigließ... Was war diese große neue
Masche? Um eine Antwort zu erhalten, brauchten die Händler lediglich
aus dem Fenster zu blicken und ihre früheren Kunden vorbeisausen zu
sehen. Man hatte das Fahrrad entdeckt, und jeder nutzte die Freiheit, die
es mit sich brachte, bestmöglich aus. Das Fahrrad begann (seine Karriere)
als ein Spielzeug der Reichen. Die Gesellschaft und berühmte
Persönlichkeiten schwangen sich auf die Räder...
In seinen Anfängen kostete ein Fahrrad 150$ - vergleichbar mit den Kosten
eines heutigen Automobils. Jedes Familienmitglied wollte ein Rad haben, und
oft wurden die gesamten Familienersparnisse aufgebraucht, um die Wünsche
zu erfüllen...«
Weil sich die Umstände schnell veränderten wurde das Fahrrad zum
kostengünstigsten Transportmittel. Dieses Zeugnis von 1894 steht einem
vernünftigen Gebrauch des nun kostengünstigen Fahrzeugs nicht entgegen.
Wie auch immer, die Punkte, bei denen Zeit und Ort wichtig sind, sind ziemlich
selten. Es muß ein klarer Beweis dafür vorliegen, daß die
Umstände sich geändert haben, damit solche Überlegungen richtig
angewendet werden können.
Die Ratschläge des Geistes der Weissagung sind keine willkürlichen
Verbote. Die Ratschläge wurden uns aus stichhaltigen Gründen (sound
reasons) gegeben. In fast allen Fällen werden uns diese Gründe
auch genannt, so daß sich die den speziellen Ratschlägen zugrunde
liegenden Prinzipien erkennen lassen. Um auf das obige Beispiel zurück
zu kommen: Bezogen auf das Fahrradfahren offenbart das Lesen der ganzen Aussage,
daß wir es vermeiden sollen, Geld sinnlos für selbstsüchtige
Vergnügen in einem Geist des Kampfes, der Selbstbehauptung, der
Rivalität und der Selbstdarstellung auszugeben. Dieses Prinzip
verändert sich nicht - unabhängig vom Status des Fahrrades. Sie
helfen uns unsere Einstellung zu den Dingen zu finden, die das heutige
Gegenstück des Fahrrads sind.
Ein anderes Beispiel findet sich in den Ratschlägen in 7T 83,84, die
sich auf gemauerte Gebäude beziehen, die für medizinische Zwecke
genutzt werden sollen. Weil »Gebäude aus Steinen und Ziegeln immer
kalt und feucht« und »teuer« sind und vom gesundheitlichen
Standpunkt »ein Holzgebäude einem Steingebäude vorzuziehen
ist«, weisen diese Ratschläge von 1902 in die Richtung von
Holzgebäuden (frame buildings). Heutige Leiter unserer Gemeinschaft
finden angeleitet durch die klar formulierten Prinzipien von Ökonomie,
Gesundheit und Bequemlichkeit und angesichts moderner Bauvorschriften keine
Alternativen mehr zu Steinbauten. Mit modernen Bautechniken und Heizmethoden
sind diese Konstruktionen gesund, komfortabel und - auf lange Sicht -
ökonomischer als Holzkonstruktionen. Die den Ratschlägen zugrunde
liegenden Prinzipien sind wichtiger als Betrachtungen über Details,
die sich in der Zwischenzeit verändert haben.
Wenn man sich mit bestimmten Problemen befaßt ist es gut, die Art und
Weise, in der Gott seinen Propheten Dinge geoffenbart hat, nicht aus den
Augen zu verlieren. Es gibt keine Verbalinspiration, bei der der Prophet
zu einem mechanischen Schreib- oder Sprechinstrument Gottes wurde. Vielmehr
wurde der Geist des Propheten durch eine Vision erleuchtet. Dann wurden die
Worte unter der Wirkung des Heiligen Geistes mit den Worten des Propheten
an die Menschen weitergegeben. Ellen White schreibt:
»Auch wenn ich beim Niederschreiben meiner Visionen - so wie ich sie
gesehen habe - von Gott abhängig bin, kleide ich das, was ich gesehen
habe, doch in meine eigenen Worte, es sei denn, es sind von einem Engel
gesprochene Worte. Diese setze ich immer in Anführungszeichen.«
The Review and Herald, 08.10.1867, zitiert in 1SM 37
Lies dazu auch die Einführung in »Der große Kampf« und
1SM 15-39
Die verstrichenen Jahre haben die Zeugnisse nicht außer Kraft gesetzt.
1907 schrieb Ellen White:
»Die Zeit und Sorgen haben die Anweisungen, die uns gegeben wurden,
nicht ungültig gemacht... An den Anweisungen, die uns in den ersten
Tagen der Botschaft gegeben wurden müssen wir auch heute, in ihren letzten
Tagen, festhalten« 1SM 41
Bei der Generalkonferenz 1909 erklärte sie:
»Mir ist gezeigt worden, daß die Prinzipien, die uns in den ersten
Tagen der Botschaft gegeben wurden, auch heute noch wichtig sind und genauso
gewissenhaft beachtet werden müssen wie damals.« 9T 158
Obwohl die Bücher keine wissenschaftlichen Werke sind, sind sie doch wissenschaftlich korrekt. Unser Werk im Bereich der Ernährung und der Medizin erhält an Punkten, die wir früher nur durch den Geist der Weissagung kannten und akzeptiert haben, immer mehr Unterstützung von der Wissenschaft. Fürchte dich nicht, einige Dinge zu akzeptieren, die bis heute nicht in wissenschaftlichen Labors oder archäologischen Ausgrabungsfeldern bewiesen werden konnten. Zur rechten Zeit wird die Wissenschaft zweifelsfreie Beweise für viele weitere Wahrheiten liefern, die Gott uns bereits offenbart hat.
Es war niemals das Anliegen der Zeugnisse, nur in einem Land Dienst zu tun (to serve in only one country). Wenn man die Zeugnisse an beliebigen geographischen Orten anwenden will ist es hilfreich, die Prinzipien zu erforschen, die die Zeugnisse beinhalten. Für alle sechs Jahre, die Ellen White in den Vereinigten Staaten gewirkt hat, hat sie ein Jahr in Übersee verbracht. Die in Band 6 festgehaltenen Ratschläge bzgl. unseres Erziehungswesens, die sie in Australien geschrieben hat, können gleichermaßen in Australien, den USA und sonst wo auf der Welt angewendet werden. Gott wußte, was sein Volk brauchen würde und gab ihm Anweisungen, die an alle Verhältnisse angepaßt werden können.
Wenn wir uns entschieden haben, den Geist der Weissagung zu akzeptieren,
haben wir nicht das Recht, nur einen Teil anzunehmen und den Rest abzulehnen.
Hierüber schrieb Ellen White:
»Es gibt einige Gläubige, die einen bestimmten Teil der Zeugnisse
als Botschaft Gottes akzeptieren und einen anderen Teil ablehnen - den Teil,
der ihre bevorzugten Schwächen (indulgences) betreffen. Solche Menschen
arbeiten gegen ihr eigenes Wohlergehen und gegen das Wohl der Gemeinde. Es
ist wichtig, daß wir im Licht wandeln, wenn wir das Licht haben.«
9T 154
Gott benutzte den Geist der Weissagung, um die Gemeinde vor Irrlehren zu
bewahren und ihr die Wahrheit zu zeigen. Dies geschah in den frühen
Tagen, als die Fundamente gelegt wurden und man sich dem Studium der Lehrpunkte
zuwandte. Unterschiedliche Standpunkte wurden dargelegt, aber ein kurzes
Zitat aus Evangelium Workers (302) sagt:
»Die Kraft Gottes kam über mich und ich konnte klar zwischen Wahrheit
und Irrtum unterscheiden.«
Punkte betreffend, die eindeutig als Wahrheit identifiziert wurden, schrieb
sie:
»Wenn die Kraft Gottes etwas als Wahrheit bezeichnet, muß diese
Wahrheit für immer bestehen bleiben. Keine nachfolgenden Ansichten,
die dem Licht entgegenstehen, sollen verbreitet werden.« 1SM 161
Aussagen wie die folgende, im Jahr 1910 geschriebene zeigen, daß die
Schriften über die Lebenszeit der Botin hinaus eine wichtige Rolle bei
der Unterscheidung von Wahrheit und Irrtum spielen. Obwohl sie hier gerade
dabei war, an einem Manuskript zu arbeiten, bezieht sich diese Aussage
natürlich auf E. G. Whites gesamte Schriften:
»Der Herr hat mir viel Licht gegeben, daß ich den Menschen weitergeben
möchte, denn es sind Anweisungen, die der Herr mir für sein Volk
gegeben hat. Es ist Licht, das sie Zeile für Zeile und Unterweisung
für Unterweisung haben sollten - hier ein wenig, und dort ein wenig.
Jetzt kommt das alles vor das Volk, um bestimmte Fehler zu korrigieren und
klarzustellen, was Wahrheit ist. Der Herr hat viele Dinge geoffenbart, die
zu Wahrheit hinweisen, indem er sagte: Diesen Weg sollt ihr gehen.«
Letter 127, 1910
Ellen White schrieb:
»Obwohl Gott sehr viele Beweise für den Glauben gegeben hat, wird
er niemals alle Gründe für den Unglauben beseitigen. Jeder, der
nach einem Haken sucht, an dem er seine Zweifel aufhängen kann, wird
einen solchen Haken finden. Und diejenigen, die sich weigern das Wort Gottes
anzunehmen und ihm zu gehorchen bevor jeder Einwand ausgeräumt ist und
es keine Möglichkeit mehr zum Zweifeln gibt, werden nie zum Licht kommen.
Mißtrauen gegenüber Gott ist die natürliche Haltung des
unbekehrten Herzens; es steht Gott feindselig gegenüber. Aber Glaube
ist vom Heiligen Geist inspiriert und er wird nur erblühen, wenn er
auch gepflegt wird. Niemand kann ohne entschiedene Bemühungen stark
im Glauben werden. Unglaube wächst, wenn er ermutigt wird; wenn Menschen
sich mit Fragen und Zweifeln beschäftigen, anstatt sich mit dem zu
beschäftigen, was Gott ihnen zur Stärkung ihres Glaubens gegeben
hat, werden sie feststellen, daß ihre Zweifel immer stärker
werden.« The Grate Controversy 527
Und auch das schreibt der Geist der Weissagung:
»Satan hat die Möglichkeit, Zweifel und Einwände an den von
Gott gegebenen Zeugnissen zu verbreiten und viele halten es für eine
Tugend und ein Zeichen der Intelligenz, ungläubig zu sein, alles zu
hinterfragen und Haarspalterei zu betreiben. Wer zweifeln will wird dazu
viele Möglichkeiten haben. Gott hat nicht vor, alle Möglichkeiten
des Unglaubens zu entfernen. Er gibt uns Beweise (evidences), die mit einem
demütigen und lernwilligen Geist sorgfältig untersucht werden
müssen und aufgrund dieser Beweise (evidences) soll jeder sich selbst
entscheiden.« 5T 675,676
Es mag einige Dinge geben, die wir mit unserem beschränkten Geist nicht
zu unserer vollen Zufriedenheit erklären können. Aber wir sollten
unserer begrenzten Auffassung nicht gestatten, die Beweiskraft dieser
unanfechtbaren Beweismittel (evidences) zu überlagern. Wir werden
feststellen, daß der Glaube durch die Erfahrungen wächst und sich
entwickelt.
Gott benutzte den Geist der Weissagung nicht, um uns abhängig oder schwach zu machen. Vielmehr sollen die Zeugnisse uns darin bestärken, das Wort Gottes zu studieren und mutig voran zu schreiten.
Ellen White weist darauf hin, daß das leicht passieren kann:
»Warum werden Menschen die Wahrheit nicht erkennen und ausleben? Viele
lesen in der Bibel, um ihre eigene Meinung bestätigt zu finden. Sie
verändern die Bedeutung des Wortes Gottes, um damit ihre eigenen Ansichten
rechtfertigen zu können. Und das tun sie genauso mit den Zeugnissen,
die Gott gegeben hat. Sie zitieren einen halben Satz und lassen die andere
Hälfte, die ihren Irrtum aufzeigen würde, weg. Gott stellt sich
gegen diejenigen, die die Schrift verdrehen, um so mit ihr eigene,
vorgefaßte Ansichten vertreten zu können.« Manuskript 22,
1890
Der Zweck der zurechtweisenden Zeugnisse ist es, zu einer Veränderung
zu führen. Wenn diese Veränderung stattgefunden hat, muß
das auch zur Kenntnis genommen werden. In einer Nachricht, die Ellen White
der Generalkonferenz von 1893 schickte, erklärte sie:
»Nicht einer von zwanzig, deren Namen in unseren Gemeindebüchern
stehen, ist darauf vorbereitet, seine irdische (Lebens-)Geschichte
abzuschließen.« Christian Service, 41
Diese Aussage muß auf die Situation 1893 bezogen werden - auf die Zeit,
in der sie gemacht wurde. Sie sollte die Gemeinde aufrütteln und zu
einer Veränderung führen, so daß ein höherer Prozentsatz
der Gemeindeglieder darauf vorbereitet wären, ihrem Herrn zu begegnen.
Diese Aussage wörtlich auf heute zu übertragen würde bedeuten,
sie entgegen dem Selbstverständnis der Zeugnisse zu verwenden (would
be out of keeping with an understanding of the purpose of the giving of the
testimonies).
Ein anderes Beispiel aus 2SM 81:
»Der Herr hielt es für angemessen, dem Ältesten Smith Worte
der Umkehr zu senden, denn dieser war auf Abwege geraten. Aber ist dies ein
Beweis dafür, daß Gott ihn aufgegeben hatte? Nein! 'Ich
überführe und züchtige alle, die ich liebe. Sei nun eifrig
und tu Buße!' (Offb. 3:19, Elberfelder Bibel). Der Herr mahnt Fehler
in seinem Volk an - aber ist das ein Zeichen dafür, daß er es
verworfen hat? Nein.«
Es sollte Sorgfalt darauf verwendet werden, nichtauthentifizierte Aussagen
nicht zu verwenden. Oft stehen diese Worte den wahren Lehren des Geistes
der Weissagung entgegen und ihre Benutzung birgt Gefahren. Zu diesem Punkt
rät uns Ellen White:
»Und jetzt will ich allen sagen, die sich nach der Wahrheit sehnen:
Beachtet keine nichtauthorisierten Berichte darüber, was Schwester White
gesagt, getan oder geschrieben hat. Wenn ihr wissen wollt, was der Herr durch
sie offenbart hat, lest ihre veröffentlichten Werke. Wenn es Dinge von
Interesse gibt, über die sie nichts geschrieben hat, dann greift diese
Punkte nicht auf und verbreitet nicht eifrig das Gerücht, sie hätte
dazu etwas geschrieben.« 5T 696
Wenn eine fragliche Aussage von Ellen White nicht im Index gefunden werden
kann, dann Kontakte zuerst das White Estate und erkundige dich dort, bevor
du diese fragliche Aussage benutzt. Eine ganze Reihe von Aussagen, die weit
verbreitet Akzeptanz gefunden haben aber nicht zweifelsfrei auf Ellen White
zurückgeführt werden können, findest du im Anhang C.
Schlußfolgerungen aus dem Studium der Zeugnisse müssen mit den Grundaussagen der gesamten Schriften des Geistes der Weissagung in Einklang stehen. Aussagen, die ein beklagenswertes Bild einzelner Personen oder Gruppen zeichnen, können aus ihrem Zusammenhang gerissen und in einer Weise neu zusammengefügt werden, die ein neues Bild ergeben, das aber nicht mit den Grundaussagen der Schriften von Ellen White vereinbar ist. Aussagen, die nur bestimmte Phasen der Ratschläge skizzieren (delineating certain phases of counsel), können ebenso einen Mißbrauch darstellen. Wenn Schlußfolgerungen aus einer Reihe von Aussagen nicht in Übereinstimmung mit den Grundaussagen des Gesamtwerkes von Ellen White stehen, ist schlechte Arbeit geleistet worden.
Die Zeugnisse sollen nicht dazu benutzt werden, jemanden zu etwas zu treiben
oder zu nötigen. Sie stellen uns Leitlinien vor Augen. Es ist unser
Vorrecht und unsere Verantwortung, uns um andere zu bemühen und sie
zu überzeugen, aber nicht sie zu bedrängen.
»Wir mögen so streng zu uns selbst sein wie wir nur wollen, wenn
es darum geht, uns zu disziplinieren. Aber wir müssen sehr vorsichtig
sein, andere Seelen nicht zu vertreiben.« 3T 507
Das wird an der Umsetzung der Kleidungsreform in den 1860ern deutlich:
»Einige von denen, die die Kleidungsreform umgesetzt haben, waren nicht
damit zufrieden, mit ihrem Beispiel die Vorteile der neuen Kleidung zu
demonstrieren und auf Nachfrage zu erklären, warum sie sich so kleiden
und die Sache ansonsten auf sich beruhen zu lassen. Sie versuchten, das Gewissen
der Anderen zu kontrollieren. Das, was sie trugen, mußten auch alle
anderen anziehen. Sie übersahen dabei völlig, daß niemand
dazu gezwungen werden sollte, die neue Kleidung zu tragen.« 4T 636
Es muß berücksichtigt werden, daß Individuen mit verschiedenen
persönlichen Hintergründen und Erfahrungen anders auf bestimmte
Ratschläge reagieren, als andere. Jeder Mensch muß selbst bestimmte
Dinge mit seinem Gewissen und mit Gott ausmachen. Ellen Whites Position dazu
wird in dem, was sie in den frühen Tagen der Bewegung in Zusammenhang
mit der Gesundheitsreform geschrieben hat, deutlich:
»Wir dürfen nur so schnell voranschreiten, daß wir diejenigen
mit uns mitnehmen können, deren Gewissen und Verstand von der Wahrheit,
die wir vertreten, überzeugt ist. Wir müssen den Menschen dort
begegnen, wo sie stehen. Manche von uns haben lange dafür gebraucht,
dort anzukommen, wo wir in Bezug auf die Gesundheitsreform längst angelangt
sind. Eine Ernährungsreform zu verwirklichen ist ein langer Weg. Wir
treffen auf ungezügelten Appetit; die Welt ist der Völlerei verfallen.
Wenn wir den Menschen so viel Zeit geben wollen wie wir selbst sie gebraucht
haben, um am jetzigen Stand der Gesundheitsreform anzukommen, dann müssen
wir sehr geduldig mit ihnen sein und ihnen gestatten, einen Schritt nach
dem anderen zu machen, so wie auch wir es getan haben, bis sie in der
Gesundheitsreform wirklich fußgefaßt haben. Und wir sollten sehr
vorsichtig sein, kein zu großes Tempo vorzulegen, damit wir nicht denselben
Weg zurückgehen müssen. Bei den Reformen ist es besser, einen Schritt
vor dem Ziel zu stehen, als sich wieder einen Schritt vom Ziel entfernen
zu müssen. Und wenn Fehler passieren müssen wir sie den Menschen
eingestehen.« 3T 20,21
Jeder von uns muß in seiner Beziehung zum Geist der Weissagung aufrichtig
bleiben. Jeder Einzelne hat einen Einfluß für oder gegen die Akzeptanz
des Geistes der Weissagung.
»Niemand soll hier und da ein Wort des Zweifels fallen lassen, das wie
Gift im Geiste anderer wirkt und ihr Vertrauen in die von Gott gegebenen
Botschaften, die geholfen haben, das Fundament des Werkes zu legen und bis
heute zur Umkehr rufen, uns korrigieren, warnen und stärken,
erschüttert.« 1SM 43
Ignoranz der Ratschläge ist keine Entschuldigung. Wir lesen über
diejenigen, die wissen daß
»in den Zeugnissen die vielfältigen Sünden der Schuldigen
beim Namen genannt werden, aber sie wollen es nicht lesen.« 1SM 47
Das Material ist vorhanden, wird aber nicht gelesen.
Gott stellt seinem Volk sein Ideal vor, dem wir immer nachjagen sollten.
Es mag eine Weile dauern, diesen Punkt zu erreichen. Manche werden in mancher
Hinsicht immer wieder versagen. Aber Gott wird sein Volk nicht verstoßen,
solange es seine Ideale zu erreichen versucht. Aber wie viel reicher könnte
er uns segnen und wie viel Leid könnten wir uns selbst ersparen, wenn
wir seinen Willen erkennen und seine Botschaften von ganzem Herzen akzeptieren
würden.
Betrachten wir beispielsweise die Entstehung unseres ersten Colleges. Die
Anweisung lautete, Erziehungseinrichtungen mit eigenem Grund und Boden, Industrie
und Landwirtschaft, zu errichten. Die Brüder reagierten auf den Wunsch
nach einem College und bauten in Battle Creek auf einem kleinen Stück
Land auf der dem Sanatorium gegenüberliegenden Straßenseite. Ellen
White sah, daß diese Institution eine Menge Probleme bekommen und niemals
den Plan Gottes vollständig verwirklichen würde. Trotzdem stand
sie hinter dem Projekt und gab ihm ihre volle Unterstützung. Aber als
die Zeit reif dafür war, drängte sie auf den Umzug des Projektes
an einen Ort, der mehr den Vorgaben Gottes entsprach.
Wir müssen beachten, daß
»diejenigen, die die Zeugnisse als Botschaften Gottes annehmen, durch
sie Hilfe und Segen erfahren werden.« Testimonies to Ministers 42
Gottes Segen steht in direktem Zusammenhang mit der Akzeptanz seiner
Ratschläge und unserer Bereitschaft, sie in unserem Leben und in der
Arbeit umzusetzen.